Nicht nur weil Luis Guillen in der Nachspielzeit einen Foulelfmeter souverän verwandeln konnte, muss im Nachhinein festgestellt werden, dass der Dreier zeitweise am seidenen Faden hing. Was wäre zum Beispiel gewesen, wenn Felix Hummels gewaltiges Geschoss in der 80. Minute nicht im Knick der Dreiangel explodiert wäre? Die Punkte hätten vermutlich die Gäste mit auf die Alb genommen. Allerdings, Glück hat nur, wer sich dieses auch erzwingen will. So hatte die SGEH bei zwei Neckartailfinger Aluminiumtreffer im ersten Umlauf gleichfalls das Dusel auf ihrer Seite.

Die Auseinandersetzung der beiden Nachbarn war beileibe kein Wattebällchenwerfen, doch trotzdem verlief sie im Großen und Ganzen anständig – bis auf die wüsten Szenen nach dem Abpfiff. Ausgelöst von Gökhan Demir kam es zu Handgreiflichkeiten, deren Opfer Matthias Wilhelm wurde. Der war gerade aus einer 14tägigen Sperre wegen einer angeblichen Notbremse in Denkendorf gekommen und bekam nach Spielende nachträglich erneut den roten Karton unter die Nase gehalten. Der Schiedsrichter hatte sich von seinem Landsmann hinter die Fichte führen lassen und war auf eine Schmierenkomödie Demirs herein gefallen. Wenn der SGEH-Akteur ein Sportsmann ist, stellt er bei einer eventuellen Befragung durch das Sportgericht die Sache richtig, ansonsten droht Wilhelm das Saisonende.

Die drei Punkte waren für die Schützlinge von Alberto Guillen und Michael Bezirgiannidis elementar wichtig, was auch für die Zähler am Sonntag in Nürtingen gilt. Der FV 09 steht bereits als Absteiger fest und wurde schon im Vorspiel mit 5:1 bezwungen. Doch wer glaubt, der Kurztrip aufs Wörth würde zum Spaziergang werden, der sollte schnell umdenken. Die Truppe von Ioannis Tsapakidis will sich nämlich ordentlich aus dem Bezirksoberhaus verabschieden, das enge 4:5 beim heimstarken FC Rechberghausen verdeutlichte dies eindrucksvoll. Und auch der 4:3-Sieg des 09 vor wenigen Wochen über die SGM T/T Göppingen ist Warnung genug. Der überragende Torjäger David Zboril (11) ist nach der Winterpause wieder in seine tschechische Heimat zurück gekehrt, doch mit Mikael da Silva verfügen die Nürtinger über einen weiteren Torgaranten (13).

Derweil werden sich einige ehemaligen 09-Größen in ihren Gräbern herum drehen und diejenigen, die das Drama um den Traditionsclub mit erleben müssen, haben sich schon mit Grausen abgewendet. Der Eff-Vau in der Kreisliga A und die SpV 05 im Bezirksoberhaus – eine bis dato undenkbare Konstellation. Die TSV-Fans werden in Nürtingen mit Sicherheit in der Mehrzahl sein, um ihrer Mannschaft beim Einfahren der nächsten drei Punkte zu helfen. Bis auf Torhüter Marc Vogelmann und Matthias Wilhelm sollte alles an Bord sein. Doch gingen derlei Hoffnungen in dieser Saison fast jeden Sonntag nicht in Erfüllung. Dass die Grünhemden als Favorit in dieses Derby gehen, steht außer Zweifel. Diese Rolle muss aber auch von Anfang an angenommen werden, denn einmal in falsches Fahrwasser geraten, ist der Hebel nur noch schwer umzulegen.